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Erbrecht - Erbschaftsteuer

Achtung: Prüfen Sie Ihr Testament!

Die Erbschaftsteuerreform ist zum 01.01.2009 in Kraft getreten. Durch die Erbschaftsteuerreform werden im Wesentlichen drei Elemente neu geregelt:

  • Neuregelung der Bewertungsvorschriften,
  • Neufassung der Begünstigungsregelungen
  • Neuregelung bei Freibeträgen und Steuertarif

Für viele Bürger ergeben sich aus der Erbschaftsteuerreform Fragen, wie zum Beispiel:

  • Hat die Erbschaftsteuerreform Auswirkungen auf meine persönlichen Erb-Planungen?
  • Muss eventuell das Testament angepasst werden?

Der Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht e.V. Prof. Dr. Klaus Michael Groll sieht Handlungsbedarf in zahlreichen Fällen:

„Die Änderung der Rechtslage sollte in der Tat für viele Anlass sein, die Vermögensnachfolge noch einmal zu überdenken, vor allem das eigene Testament gehört auf den Prüfstand. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die letztwilligen Verfügungen durch die gesetzlichen Änderungen völlig am tatsächlichen Willen der Erblasser vorbei gehen.“

Zusammenfassung der wichtigsten Veränderungen

Durch die Erbschaftsteuerreform werden nahe Familienangehörige wie Witwen, Witwer, Kinder und Enkel besser gestellt als nach altem Erbschaftsteuerrecht. Schlechter gestellt sind hingegen Geschwister, Nichten, Neffen und weitere entfernte Verwandte vorallem aufgrund der neuen Freibeträge und Steuersätze.  

Das Deutsche Forum für Erbrecht weist daher auf folgende Gesichtspunkte hin, die besonders zu berücksichtigen sind:

  1. Seit dem 1.1.2009 ist die Vererbung des selbstgenutzten Familienwohnheims an den Ehepartner oder die Kinder unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Dieses Steuerprivileg kommt aber nur dem Kind zugute, das dann zehn Jahre in dem Objekt wohnt. Deshalb sollte testamentarisch verfügt werden, dass die Kinder intern einen Ausgleich vornehmen müssen, um eine gleichmäßige Steuerbelastung zu erreichen.

  2. Bisher können lebzeitige Schenkungen nur dann auf Pflichtteilsansprüche angerechnet werden, wenn diese Anrechnung spätestens bei der Schenkung vereinbart wurde. Ge-plant ist nun aber, dass eine solche Anrechnungsbestimmung auch nachträglich einseitig im Testament verfügt werden darf. Der Beschenkte muss davon nicht einmal etwas erfahren. Mit Blick auf die erwartete Reform ist daher zu empfehlen, schon jetzt eine solche testamentarische Verfügung vorsorglich zu treffen.

  3. Zu den Gewinnern der Erbschaftsteuerreform zählen die Enkel, denn deren Freibetrag wurde von  51.200 EUR auf  200.000 EUR angehoben. Deshalb kann es sinnvoll sein, nicht nur die eigenen Kinder, sondern auch die Enkel zu bedenken. Das senkt die Ge-samtsteuerbelastung des Nachlasses spürbar.

  4. Es wird in Zukunft einfacher werden, Pflichtteilsansprüche kleinzuhalten. Bisher werden Geschenke, die über Gelegenheitsgeschenke zum Geburtstag oder zu Weihnachten hinausgehen, dem Nachlass zur Berechnung von Pflichtteilsansprüchen voll zugerech-net (sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche). Aber: Das Geschenk muss innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod des Schenkers erfolgt sein (bei Schenkungen an den eigenen Ehegatten gibt es diese Frist allerdings nicht). Das bedeutet jedoch: Eine Schenkung zum Beispiel neun Jahre vor dem Tod erhöht die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil um den vollen Wert des Geschenks.
    In Zukunft soll ein Stufenmodell gelten. Je länger die Schenkung vor dem Erbfall erfolg-te, desto weniger wird sie bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt. Konkret: Wurde ein Jahr vor dem Tod geschenkt, werden noch 90 Prozent zugrunde gelegt, nach fünf Jahren 50 Prozent, nach neun Jahren nur noch 10 Prozent. Praktische Auswirkung: Auch hochbetagte Menschen können zum Zwecke der Pflichtteilsminderung schenken. Bisher war dies nur sinnvoll, wenn die Lebenserwartung bei noch mindestens zehn Jahren lag.

  5. Wegen der Anhebung der Steuerwerte auf die vollen Verkehrswerte droht trotz der gleichzeitigen Erhöhung der Freibeträge vor allem bei größerem Immobilienbesitz eine deutlich höhere Steuerbelastung. Daher kann es noch mehr als bisher sinnvoll sein, be-reits lebzeitig mit der Übertragung von Vermögen auf die nächste Generation zu begin-nen. Grund: Die Empfänger können alle zehn Jahre den Schenkungsteuerfreibetrag voll neu in Anspruch nehmen. Je früher also mit der Vermögensübertragung begonnen wird, desto größer die Chance der Empfänger, den Freibetrag mehrfach in Anspruch nehmen zu können.

  6. Die drohende höhere Steuerbelastung könnte aber auch ein Grund dafür sein, dass Eltern ihre Kinder schon beim Tod des ersten Elternteils miterben lassen, auch zum Beispiel eine vermietete Immobilie. Dem überlebenden Ehegatten könnte per Vermäch-tnis zugleich ein lebenslanger, unentgeltlicher Nießbrauch eingeräumt werden. Das heißt: Er würde bis zu seinem Lebensende in dem Objekt wohnen oder die Miete kas-sieren können, was ein guter Beitrag zu seiner Versorgung wäre.

  7. Eines der wenigen Steuerschlupflöcher ist auch nach der Reform geblieben. Überträgt ein Ehegatte dem anderen sein selbstgenutztes Familienwohnheim (oder Anteile daran), so geschieht dies steuerneutral, das heißt nicht einmal der Schenkungsteuerf-reibetrag wird angegriffen. Das kann auch in Zukunft ein vernünftiger Schritt sein, denn im Gegensatz zur Vererbung dieser Immobilie muss der beschenkte Ehegatte nicht zehn Jahre in dem Objekt verbleiben, um sich das Steuerprivileg zu verdienen.

  8. Der Betriebserbe muss hohe Hürden nehmen, um gänzliche Erbschaftsteuerfreiheit zu erlangen: Zehn Jahre Fortführung des Betriebs, während der ganzen Zeit keine Über-entnahmen, Einhaltung einer Mindestlohnsumme, vor allem darf der Anteil des sog. Verwaltungsvermögens (zum Beispiel vermietete Immobilien oder Wertpapiere) zehn Prozent des Gesamtbetriebsvermögens nicht übersteigen. Das bedeutet: Wer eine Unternehmensnachfolge plant (auch eine lebzeitige), sollte rechtzeitig damit beginnen, die Zusammensetzung des Unternehmensvermögens zu gestalten. Liegt der Anteil des Verwaltungsvermögens nur geringfügig zu hoch, muss der Betriebsübergang auf voller Verkehrswertbasis versteuert werden.

Ein Beitrag vom Deutschen Forum für Erbrecht e.V. in München vom 16.04.2009


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