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Rheuma (rheumatoide Arthritis)

Mit Rheuma (altgr. rheo ,ich fließe’) werden Beschwerden am Stütz- und Bewegungsapparat mit fließenden, reißenden und ziehenden Schmerzen bezeichnet, die oft mit funktioneller Einschränkung einhergehen. Die medizinisch korrekte Bezeichnung für Rheuma ist „Krankheiten des rheumatischen Formenkreises“.

Die traditionellen Begriffe Rheuma und Rheumatismus wurden erstmals im Liber de Rheumatismo et Pleuritide dorsali von Guillaume de Baillou (1538–1616) verwendet. Er glaubte nach der damaligen Lehre der Körpersäfte (Humoralpathologie), dass kalter Schleim vom Gehirn herab zu den Extremitäten fließe und die entsprechenden Beschwerden auslöse.

Phänotypische Lokalisierung

Die Lokalisierung ist für den Patienten eine erste Orientierung. Betroffen von Rheuma sind in herkömmlicher Unterteilung nach Lokalisierung

  • Knochen (Gelenk- und/oder Knochenrheuma, kein einheitlicher Sammelbegriff), insbesondere Arthrosen und
  • Muskeln und verbundenes Gewebe (Weichteilrheuma, kein einheitlicher Sammelbegriff), insbesondere Myalgien
  • Organfunktionen (Stoffwechselstörungen, kein einheitlicher Sammelbegriff)
  • Kollagene, insbesondere Kollagenosen (Bindegewebsrheuma, kein einheitlicher Sammelbegriff)

Sinnfälliger ist die im Verlauf der Diagnostik vorgenommene Unterteilung nach erkannten Ursachen und die Klassifizierung nach ICD.

Systematische Hauptgruppen

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen (autoimmunbedingt):

  • Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis)
  • Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew)
  • Psoriasis-Arthritis
  • Reaktive Arthritis
  • Juvenile idiopathische Arthritis
  • Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen) und Vaskulitiden (entzündliche Gefäßerkrankungen) wie:

→ Lupus erythematodes
→ Sklerodermie
→ Sjögren-Syndrom
→ Polymyositis und Dermatomyositis
→ Mischkollagenose

  • Wegener-Granulomatose (Morbus Wegener)
  • Vaskulitiden

degenerative („verschleißbedingte“) rheumatische Erkrankungen

  • Arthrosen

Stoffwechselstörungen, die mit rheumatischen Beschwerden einhergehen

  • Gicht und andere Kristallablagerungskrankheiten
  • Osteoporose
  • Hämochromatose (Eisenstoffwechselstörung)

Rheumatische Erkrankungen der Weichteile (verschiedene Krankheitsbilder mit Symptomen wie Schmerzen im Bereich von Muskulatur und Sehnen)

  • Polymyalgia rheumatica (entzündlicher Weichteilrheumatismus)
  • Polymyositis (Entzündung des Muskelgewebes)

Internationale Klassifizierung

Die „Internationale Klassifikation der Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes (ICD-10-GM, 2005)“ unterscheidet mittlerweile etwa 200 bis 400 einzelne Erkrankungen, welche sich im Beschwerdebild, dem Verlauf und der Prognose sehr unterscheiden. Daher sind die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises kaum zu überblicken und schwierig zu diagnostizieren – „Was man nicht erklären kann, sieht man gern als Rheuma an …“

Entstehung und Verlauf

Vielen Krankheiten des rheumatischen Formenkreises ist gemein, dass es zu einer Störung des Immunsystems kommt, woraufhin der Körper eigene Strukturen wie die Gelenkinnenhaut (bei der rheumatoiden Arthritis) angreift. Diese sogenannten Autoimmunkrankheiten können in Form der Kollagenosen auch als systemische Erkrankungen auftreten, bei denen nicht nur ein Organ oder eine Körperregion, sondern gleichartige Gewebe in vielen verschiedenen Organen Ziel des fehlgeleiteten Immunsystems sind.

Ursachen für die Fehlfunktion des Immunsystems sind noch immer unbekannt. In einigen Fällen können jedoch familiäre sowie geschlechtsspezifische Häufungen festgestellt werden und bei vielen Betroffenen bestimmter rheumatischer Erkrankungen lassen sich charakteristische genetische Marker nachweisen, was beides auf einen gewissen Einfluss genetischer Faktoren schließen lässt. Bei einer kleinen Gruppe entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, den sogenannten infektreaktiven Arthritiden, ist ein ursächlicher Zusammenhang mit bereits abgelaufenen, meist bakteriellen Infektionen v.a. des Darms oder des Urogenitaltraktes erkennbar.

In Folge der chronischen Entzündungen leiden die Betroffenen gelenkbezogener Formen unter Schmerzen, Schwellungen oder Ergüssen der Gelenke sowie als Spätfolgen unter Gelenkzerstörung, Fehlstellungen und Funktionsverlust. Schwerwiegende, oft lebensgefährliche Komplikationen verursachen durch chronische Entzündungen in Strukturen verschiedenster Organe besonders häufig Erkrankungen aus den Gruppen der Kollagenosen und Vaskulitiden.

Der Verlauf einer Erkrankung und das Ansprechen auf eine Therapie können selbst bei gleicher Diagnose von Patient zu Patient äußerst unterschiedlich ausfallen. Zudem sind die Grenzen zwischen den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen nicht selten fließend. So können Zeichen mehrerer sich überlappender Erkrankungen bei nur einem Patienten auftreten (Overlap Syndrom).

Entgegen der landläufigen Meinung ist Rheuma keineswegs nur eine Erkrankung älterer Menschen. Auch junge Erwachsene und selbst Kinder sind von rheumatischen Erkrankungen betroffen. Arthrosen (verschleißbedingte Gelenkbeschwerden) treten meist im fortgeschrittenen Alter auf, während die entzündliche Form (Arthritis) typischerweise zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr erstmals in Erscheinung tritt. Daher auch die Volksmeinung, dass Rheuma eine Alte-Leute-Krankheit sei.

Diagnostik

Kern der rheumatologischen Diagnostik ist die gründliche Anamnese und die körperliche Untersuchung. Schon hiermit kann häufig die Art der Erkrankung eingegrenzt werden.

Für die genaue Einordnung einer Diagnose ist der Nachweis von Antikörpern und genetischen Markern im Blut des Patienten ein wichtiger Faktor. Schwierig ist dabei, dass diese nicht zwingend mit einer bestimmten Erkrankung einhergehen und sogar manch nachweislich Erkrankter keine entsprechenden Antikörper oder genetischen Marker aufweist. So besitzen sie in der Diagnostik meist keinen beweisenden, sondern eher einen richtungsweisenden Charakter.

Der Sicherung der Diagnose, der Bestimmung des Stadiums einer Erkrankung sowie der Verlaufskontrolle dienen die verschiedensten bildgebenden Verfahren, insbesondere die konventionelle Röntgendiagnostik, Computertomografie, Magnetresonanztomografie und Szintigrafie.

Therapien

Krankheiten des rheumatischen Formenkreises sind in der Regel nicht dort verursacht, wo ihre äußeren Erscheinungsformen festgestellt werden. Jeder Therapie geht eine qualifizierte differentielle Diagnose voraus, die von den typischen Erscheinungsformen ausgehend die Ursache aufklärt. Die Therapie wird dann jeweils auf das Krankheitsbild zugeschnitten, insgesamt geplant oder sukzessive fortgeschrieben.

Für rheumatische Erkrankungen sind fast ausschließlich medikamentöse Therapien wirksam. Änderungen der Lebensweise und insbesondere der Ernährung haben allenfalls unterstützende Wirkung. Operative Eingriffe wie Synovektomien und rekonstruktive Chirurgie mit Gelenkersatz beseitigen in der Regel keine Krankheitsursache, sondern lindern allenfalls deren Folgen. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Radiosynoviorthese.

Bei Mehrzahl rheumatischer Erkrankungen stellt auch eine physikalische Therapie eine notwendige unterstützende therapeutische Maßnahme dar. So können in vielen Fällen Langzeitschmerzen und Einschränkungen reduziert werden. Insbesondere die Kältetherapie kann entzündungshemmend und schmerzstillend sein. Bei der rheumatoiden Arthritis hat sich auch die Ganzkörper-Kältetherapie, wo möglich, als schmerzlindernde, symptomatische Therapie auch bei Kindern bewährt.

Medikation autoimmunbedingter rheumatischer Erkrankungen

Besonders in akuten Phasen, da eher symptomatisch, das heißt schmerzlindernd und entzündungshemmend wirkend sowie auch in geringerer Dosierung unterstützend bei der Dauertherapie bewährt haben sich:

  • nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), z. B. Naproxen oder Diclofenac, bei fehlender Kontraindikationa auch spezifische COX-Inhibitoren wie z. B. Celecoxib
  • steroidale Antirheumatika (Kortikoide), z. B. Prednisolon

Beiden Medikamentengruppen ist gemein, dass Sie insgesamt häufig selbst zu schweren Folgeerkrankungen führen und damit die Lebenserwartung nicht erhöhen oder sogar senken können. Zusätzlich können schmerzlindern hinzugegeben werden:

  • nichtopioide und opioide Analgetika, z. B. Metamizol und Tramadol

Als Dauertherapie eingesetzt, da spezifisch auf den Krankheitsprozess wirkend und so langfristig erfolgversprechend:

  • Basismedikamente auch DMARD = disease modifying antirheumatic drugs, z. B. Immunsuppresiva, vor allem Methotrexat, alternativ aber auch Azathioprinund Ciclosporin A, als Reservemittel auch Leflunomid, alternativ auch Alkylantien wie Cyclophosphamid; weiterhin Sulfasalazin insbesondere bei den Spondylarthritiden, bei leichteren, nicht-erosiven Verläufen Chloroquin/Hydroxychloroquin. Die früher üblichen Basistherapeutika D-Penicillaminumd verschiedene Goldpräparate sind auf Grund Ihres ungünstigen Wirkungsprofils inzwischen fast vollständig verschwunden.

Immer häufiger werden neben den bekannten und gut dokumentierten „herkömmlichen“ Basismedikamenten weitere hochwirksame Medikamente gegen rheumatische Erkrankungen eingesetzt. Eine in der Rheumatologie häufig angewendete Gruppe dieser Medikamente, den sogenannten Biologicals, sind die TNF-alpha-Blocker. Nachteilig sind bei Biologicals die sehr hohen Kosten, die durch die immunsuppressive Wirkung verursachte erhöhte Infektanfälligkeit der Patienten und die bisher fehlende Langzeiterfahrung bei der Therapie mit vielen dieser Wirkstoffe. Sie werden daher erst dann eingesetzt, wenn die Behandlung mit klassischen Basistherapeutika keine ausreichende Wirkung erzielte oder auf Grund von Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten eine Behandlung mit diesen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Dabei sollten herkömmliche Basismedikamente und Biologicals wenn möglich in Kombination eingesetzt werden, um den Therapieerfolg zu verbessern.

  • Biologicals in Form von Antikörpern, löslichen Rezeptoren oder Antagonisten gegen proinflammatorische Zytokine wie IL-6 oder TNF-alpha gerichtet, z. B. Abatacept, Adalimumab, Anakinra, Etanercept, Infliximab und Rituximab.

Zudem müssen oft weitere medikamentöse Maßnahmen, gegen häufige schwerwiegende Begleiterscheinungen, aber teils auch selbständig auftretende Phänomene wie das Raynaud-Syndrom, eingeleitet werden.

Eine Basismedikation muss in der Regel ein Leben lang fortgeführt werden, da bisher keine ursächliche Therapie autoimmunbedingter rheumatischer Erkrankungen möglich ist.

Die Mitte der 1980er Jahre noch auf dem Arzneimittelmarkt bestandenden antiphlogistischen antipyretischen Analgetika mit den Wirkstoffen Phenylbutazon und Oxyphenbutazon wurden im Januar 1984 aufgrund von Nebenwirkungen in Deutschland untersagt oder auf die Anwendung zur Behandlung von Morbus Bechterew und Gicht für nicht länger als eine Woche eingeschränkt.

Physikalische Therapien

Thermotherapie umfasst jegliche Anwendung von Kälte und Wärme als ein Teil der physikalischen Therapie.

Während des akuten Krankheitsschubes hat die lokale Anwendung von Kälte (Kryotherapie) an den betroffenen Gelenken häufig positive Auswirkung auf den Entzündungsprozess und die damit verbundenen Beschwerden.

Vielversprechende Ergebnisse werden durch die Anwendung der Kryotherapie als Ganzkörperkryotherapie in Kryokammern bei bis zu minus 160 °C erzielt. Nach mehrmaliger Anwendung kommt es zur Linderung der Schmerzen, die einige Stunden bis einige Wochen andauert. Die Behandlung wirkt nicht nur symptomatisch, sondern beschleunigt durch bessere Durchblutung und Veränderung des Hormonspiegels auch die Heilungsprozesse in den geschädigten Gelenken und Geweben.

Zudem sind die Krankengymnastik/ Physiotherapie und die Ergotherapie unverzichtbare Säulen der Therapie, die die Beweglichkeit und damit die Selbstständigkeit der Patienten erhalten sollen.

Naturheilverfahren, Phytotherapie

Naturheilverfahren verwenden standardisierte und zugelassene Medikation. Diese sind in der Rheumatherapie für sekundäre Therapien zur Linderung von Folgeerscheinungen bei Krankheiten des rheumatischen Foormenkreises gängig, entbehren aber in der Regel eines wissenschaftlich gesicherten Nachweises typischen Behandlungserfolgs und jeder wissenschaftlichen Dokumentation etwaiger entsprechender Erfolg bei der Behebung von Ursachen.

Die Phytotherapie wird bei rheumatischen Erkrankungen als eine Ergänzungstherapie zur klassischen Pharmakotherapie vorgeschlagen. Sie hat fallweise lindernde und palliative Wirkungen, eine Heilung ist damit nicht zu erreichen. Eine auf den Krankheitsherd gerichtete Therapie ist mit oraler Verabreichung kaum zu erreichen. Auch eine lokale Oberflächentherapie ist in Ihrer systemischen Wirkung vom Ansatz her zweifelhaft. Der orale Konsum ungiftiger Pflanzen ist ohne nachweisbare direkte (systemische) Wirkung und ohne Nebenwirkungen.Für die Einnahme pflanzlicher Mittel wie Löwenzahn, Brennnesseln, Birkenblätter oder Sand-Segge ist eine heilende Wirkung bei Erkrankungen im rheumatischen Formenkreis bisher nicht nachgewiesen.

In der Phytotherapie werden (ohne Vorliegen eines Wirksamkeitsnachweises) heute folgende Pflanzen eingesetzt:

  • Arnika
  • Brennnessel
  • Cayennepfeffer
  • Teufelskrallenwurzel
  • Weihrauch

Andere Pflanzen sind seit Einführung wirksamer Schmerzmittel in Vergessenheit geraten. Auch die noch gebräuchliche Verwendung von Weidenrinde bietet gegenüber Präparaten mit Salicylsäurederivaten keine Vorteile. In der Phytotherapie ist stets darauf zu achten, geprüfte und standardisierte Präparate zu verwenden. Diese enthalten eine eingestellte Menge wirksamer Inhaltsstoffe. Die toxischen Inhaltsstoffe aus Pflanzen wurden aus standardisierten Zubereitungen entfernt oder in ihrem Gehalt gesenkt. Dadurch reduziert sich die Gefahr von Vergiftungen und Allergien, schließt diese aber nicht aus. Von nicht standardisierter Medikation ist generell abzuraten.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Samaderarinde unter anderem zur Behandlung des „Rheumatismus“ in Europa importiert. Ein Wirksamkeitsnachweis ist nicht bekannt.

→ Seitentitel: Rheuma
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Autor(en): Wikipedia-Autoren, siehe Versionsgeschichte
Datum der letzten Bearbeitung: 16. Februar 2012, 08:13
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Datum des Abrufs: 19. Februar 2012, 18:31 UTC
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