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AIDS und HIV

Acquired Immune Deficiency Syndrome, auch Acquired immunodeficiency syndrome (englisch für „erworbenes Immundefektsyndrom“), zumeist abgekürzt als AIDS oder Aids benannt, bezeichnet eine spezifische Kombination von Symptomen, die beim Menschen in Folge der durch Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HI-Virus, HIV) induzierten Zerstörung des Immunsystems auftreten. Bei den Erkrankten kommt es zu lebensbedrohlichen opportunistischen Infektionen und Tumoren. Bereits während der mehrjährigen, symptomfreien Latenzphase können antiretrovirale Medikamente eingesetzt werden, die die Lebenserwartung von Infizierten steigern. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich, da die HI-Viren nicht vollständig aus dem Körper entfernt werden können.

AIDS wurde am 1. Dezember 1981 als eigenständige Krankheit erkannt und tritt in Gestalt einer Pandemie auf. Laut UNAIDS lebten Ende 2007 weltweit etwa 33 Millionen HIV-positive Menschen. 2007 kam es zu etwa 2,7 Millionen HIV-Neuinfektionen, und etwa zwei Millionen Menschen starben an den Folgen von HIV/AIDS. Der Anteil der HIV-Infizierten liegt weltweit durchschnittlich bei etwa 1 % der 15- bis 49-Jährigen, erreicht in einzelnen afrikanischen Staaten jedoch Werte um 20 %.

Definition und Klassifikation

Klassifikation in der ICD-10

In der ICD-10 können zahlreiche Krankheiten als Folge einer HIV-Infektion codiert werden, beziehungsweise auch die HIV-Infektion ohne Symptome. Die genaue Art der Folgeerkrankung wird in der zuletzt 2006 von der Weltgesundheitsorganisation aktualisierten Version der ICD-10 in einer vierten Stelle verschlüsselt, zum Beispiel: B20.6 Pneumocystis-Pneumonie infolge HIV-Krankheit.

Die ICD wurde ursprünglich geschaffen, um die weltweite Erforschung von Morbidität und Mortalität mit einer international einheitlichen Systematik zu ermöglichen. In vielen Ländern dient die ICD-10 – zum Teil in nationaler Anpassung – zusätzlich als Grundlage für die Vergütung von medizinischen Leistungen.

Klassifikation nach ICD-10

  • B20: Infektiöse und parasitäre Krankheiten infolge HIV-Krankheit
  • B21: Bösartige Neubildungen infolge HIV-Krankheit
  • B22: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten infolge HIV-Krankheit
  • B23: Sonstige Krankheitszustände infolge HIV-Krankheit
  • B24: Nicht näher bezeichnete HIV-Krankheit
  • Z21: Asymptomatische HIV-Infektion

CDC-Definition

Die international weitestgehend anerkannte Definition von AIDS ist die Klassifikation der Centers for Disease Control and Prevention. Sie berücksichtigt klinische Befunde und Laborparameter.

HIV-Infektionen werden hiernach in drei Kategorien unterteilt, A bis C. Die Kategorien A und B enthalten asymptomatische HIV-Infektionen beziehungsweise HIV-assoziierte, jedoch nicht-AIDS-definierende Krankheitsbilder. Die Kategorie C enthält die AIDS-definierenden Erkrankungen. Es handelt sich um opportunistische und maligne Erkrankungen, die bei einem gesunden Immunsystem nicht oder nicht in der vorliegenden Weise auftreten.

AIDS-definierende Erkrankungen sind:

  • Candidose von Bronchien, Trachea oder Lungen
  • Candidose, ösophageal
  • CMV-Infektionen (außer Leber, Milz, Lymphknoten)
  • CMV-Retinitis (mit Visusverlust)
  • Enzephalopathie, HIV-bedingt
  • Herpes-simplex-Infektionen: chronische Ulzera (> ein Monat bestehend; oder Bronchitis, Pneumonie, Ösophagitis)
  • Histoplasmose, disseminiert oder extrapulmonal
  • Isosporiasis, chronisch, intestinal, > ein Monat bestehend
  • Kaposi-Sarkom
  • Kokzidioidomykose, disseminiert oder extrapulmonal
  • Kryptokokkose, extrapulmonal
  • Kryptosporidiose, chronisch, intestinal, > ein Monat bestehend
  • Lymphom, Burkitt
  • Lymphom, immunoblastisches
  • Lymphom, primär zerebral
  • Mycobacterium avium complex or M. kansasii, disseminiert oder extrapulmonal
  • Mycobacterium, andere oder nicht identifizierte Spezies disseminiert oder extrapulmonal
  • Pneumocystis-Pneumonie
  • Pneumonien, bakteriell rezidivierend (> zwei innerhalb eines Jahres)
  • Progressive multifokale Leukenzephalopathie
  • Salmonellen-Septikämie, rezidivierend
  • Tuberkulose
  • Toxoplasmose, zerebral
  • Wasting-Syndrom
  • Zervixkarzinom, invasiv

Daneben gibt es eine Einteilung von Laborwerten nach CD4-Zellen/µl:

  • Kategorie 1: ≥ 500 CD4-Zellen/µl
  • Kategorie 2: 200 – 499 CD4-Zellen/µl
  • Kategorie 3: < 200 CD4-Zellen/µl

Nach CDC-Definition müssen immer ein positiver HIV-Test und ein Bestätigungstest vorliegen.

In der CDC-Definition werden einige opportunistische Infektionen nicht berücksichtigt. In Südostasien ist beispielsweise eine Infektion mit Penicillium marneffei bei HIV-Patienten häufig. Auch andere Erkrankungen (Aspergillosen, Mikrosporidiosen, Leishmaniosen, Morbus Hodgkin, …) sind bislang unberücksichtigt. Dagegen sind Histoplasmosen oder Isosporidiosen in unseren Breiten Raritäten. Ein großes Problem der eng gefassten Definition ist, dass in vielen Ländern der Zugang zu Medikamenten nur mit einer AIDS-Diagnose nach CDC-Klassifikation möglich ist.

Bangui-Definition

Im Gegensatz zur CDC-Definition basierte die afrikanische Bangui-Definition der WHO aus dem Jahr 1985 ausschließlich auf einer klinischen Diagnose.

In Afrika ist bis heute ein HIV-Test in der Regel weder bezahlbar, noch allumfassend durchführbar. In der ersten Fassung der Bangui-Definition wurde der positive HIV-Test als notwendige Bedingung deshalb weggelassen. Statt dessen wurden mehrere nach einem Punktesystem bewertete klinische Symptome herangezogen. Ausschlusskriterien für eine Diagnose nach der Bangui-Definition waren starke Unterernährung, Krebs oder eine immunsuppressive Behandlung. Sobald 12 oder mehr Punkte erreicht waren und kein Ausschlusskriterium vorlag, galt die Diagnose AIDS als gesichert. Für Kinder galt eine leicht angepasste Definition.

Die WHO gab 1994 eine erweiterte AIDS-Definition für Afrika heraus. Es wurde nun empfohlen einen HIV-Test zu machen. Zusätzlich wurde die Liste der Symptome gekürzt und spezifiziert. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass immer dann, wenn kein HIV-Test durchgeführt werden kann, weiterhin die Bangui-Definition gelten soll.

Punktesystem der Bangui-Definition

Symptome/ Erkrankungen

Wichtige Symptome

  • ungewollter Gewichtsverlust über 10 % (4 Punkte)
  • Asthenie (Kraftlosigkeit) (4 Punkte)

Häufige Symptome

  • Fieber länger als 1 Monat (3 Punkte)
  • Durchfall für mehr als einen Monat (3 Punkte)

Andere Symptome

  • Husten (2 Punkte) 
  • Lungenerkrankungen (2 Punkte) 
  • juckende Dermatitis (4 Punkte)
  • ösophageale Candidose (4 Punkte)
  • chronische oder generalisierte Herpes-simplex-Infektion (4 Punkte)
  • Herpes Zoster (4 Punkte)
  • generalisierte Lymphadenopathie (2 Punkte)
  • neurologische Symptome (2 Punkte)
  • Kaposi-Sarkom (12 Punkte) 
  • Kryptokokkenmeningitis (12 Punkte)

Übertragung

Das HI-Virus wird mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Vaginalsekret, Liquor cerebrospinalis und Muttermilch übertragen. Potentielle Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden in Schleimhäuten (Bindehaut, Mund-, Nasen-, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte, leicht verletzliche Stellen der Außenhaut (Eichel, Innenseite der Vorhaut). Die häufigsten Infektionswege sind der Vaginal- oder Analverkehr ohne Verwendung von Kondomen, der aufnehmende Oralverkehr (Schleimhautkontakt mit Sperma bzw. Menstruationsblut; bei unverletzter Mundschleimhaut stellt der Kontakt mit Präejakulat oder Vaginalsekret ein vernachlässigbares Infektionsrisiko dar, ebenso der passive Oralverkehr) und die Benutzung kontaminierter Spritzen bei intravenösem Drogenkonsum. Homosexuelle Männer gelten pauschalierend als Risikogruppe, da ihnen eine Nähe zur Szene unterstellt wird, in der es zu häufigem Partnerwechsel und ungeschütztem Analverkehr kommen kann. Wie hoch das Risiko beim Geschlechtsverkehr ist, hängt vor allem von der Viruslast in der Samenflüssigkeit, im Scheidensekret und im Blut ab. Diese ist unmittelbar nach der Infektion, bevor sich Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an.

Bluttransfusionen bergen ebenfalls das Risiko einer HIV-Infektion, Routineüberwachung der Blutspender – wie sie in Deutschland seit 1985 durchgeführt wird – reduziert dieses jedoch stark. Aufgrund des durchschnittlich etwa 25 Tage andauernden Zeitfensters, während dessen eine Neuinfektion noch nicht durch einen Test nachgewiesen werden kann, verbleibt jedoch eine Restgefahr.

Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird auf 10 bis 30 % geschätzt. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt auf etwa 2 % vermindert werden.

Vor allem in der Anfangszeit der Epidemie infizierten sich viele Intravenös-Drogenabhängige durch die gemeinsame Nutzung von Injektionsnadeln. Auch Ärzte und pflegerisches Personal haben ein gewisses Risiko der Ansteckung bei Nadelstichverletzungen im OP oder nach Punktionen an infizierten Patienten.

Die HIV-Konzentration in Tränen, Schweiß, Speichel und Urin reicht für eine Ansteckung nach heutigem Erkenntnisstand nicht aus. Zudem konnte nach heutigem Kenntnisstand der AIDS-Epidemiologie eine Infektion über Insekten oder Tröpfcheninfektion nicht nachgewiesen werden und gilt deshalb als sehr unwahrscheinlich.

Mittels postexpositioneller Prophylaxe (PEP) kann nach einem Vorfall einer möglichen Infektion entgegengewirkt werden. Die 28 Tage andauernde, medikamentöse PEP bietet nur dann vollständigen Schutz, wenn die Behandlung innerhalb von zwei Stunden nach Exposition begonnen wird und kann bis zu 24 nach intravenöser und bis zu 72 Stunden nach Exposition über die Schleimhäute noch immer wirksam sein.

Des Weiteren besteht ein Ansteckungsrisiko (bei Patienten mit AIDS-Vollbild, also bei einer CD4-Konzentration <200 mlU/ml) mit den typischen opportunistischen Erregern: Viren der Herpes-Gruppe, Candida, Streptokokken, Pneumokokken. Partner von Patienten mit AIDS-Vollbild sollten sich auch über diese Erreger und deren Infektionswege informieren.

Ansteckungs-Wahrscheinlichkeit

Übertragung Mutter/Kind

Die Infektionswahrscheinlichkeit von der unbehandelten Mutter auf das Kind während der natürlichen Geburt wird, je nach Studie, mit 10 bis 40 % angegeben. Die Wahrscheinlichkeit solch einer vertikalen Transmission während und nach der Geburt lässt sich durch antiretrovirale Therapie der Mutter ab dem 3. Trimester, Kaiserschnitt und Verzicht aufs Stillen auf unter 2 % senken.

Übertragung durch Bluttransfusionen

In den 1980er Jahren traten weltweit tausende Infektionen durch Bluttransfusionen auf, unter anderem bei Blutern, so dass 1984 50 % infiziert waren. Diese Häufung von Infektionen wird „Blut-Skandal“ genannt. Das derzeitige Risiko eine HIV-positive Bluttransfusion zu erhalten wird in Deutschland auf etwa 0,0001 % geschätzt (2005).

Übertragung durch Nadeln/Kanülen/Nadelstiche

Das Infektionsrisiko durch Nadelstiche hängt sehr von der Situation ab. Das Infektionsrisiko wird durchschnittlich mit 0,3 % angegeben und steigt mit folgenden Faktoren: sehr tiefe Verletzungen (16-fach erhöht), sichtbare Blutspuren auf der Nadel oder Nadel war vorher in einer Vene oder Arterie des Überträgers (jeweils fünffach erhöht), bei hoher Viruslast des Überträgers (sechsfach erhöht). Das Risiko bei Hohlnadeln ist höher als bei geschlossenen Nadeln.

Das Risiko, sich bei gemeinsamer Benutzung einer Kanüle, meist beim Spritzen von Heroin, zu infizieren, liegt um 0,7 % und sinkt mit dem zeitlichen Abstand zwischen den Injektionen, allerdings nur langsam, da in der Kanüle eingeschlossene Viren lange infektiös bleiben können, teilweise auch noch nach Tagen. Ein Auskochen der Nadeln ist zwar generell möglich, wenn es lange genug durchgeführt wird, allerdings sind handelsübliche Nadeln nicht dafür geeignet, weil die verwendeten Kunststoffe nicht entsprechend hitzefest sind. Eine chemische Desinfektion (Alkohol oder andere Desinfektionsmittel) ist nicht ausreichend, weil nicht gewährleistet ist, dass die Substanzen ganz in die Kanüle eindringen.

Übertragung durch Geschlechtsverkehr

Das individuelle Risiko einer Infektion mit HIV durch Geschlechtsverkehr ist sehr variabel und hängt von vielen Faktoren ab. Eine Infektion ist nach einmaligem Geschlechtsverkehr möglich, es sind jedoch auch Fälle bekannt, in denen trotz mehrjährigen Sexualkontaktes mit einem infizierten Partner keine Ansteckung erfolgte. Eine gleichzeitig vorliegende andere Geschlechtserkrankung erhöht das Infektionsrisiko um das 5- bis 10-Fache, eine hohe Viruslast des Überträgers sogar um das 10- bis 30-Fache. Frischinfizierte weisen eine hohe Viruslast auf, da der Körper in diesem Stadium über keine spezifischen Antikörper verfügt. Geschlechtsverkehr während der Regelblutung der Frau ist mit einem erhöhten Infektionsrisiko für beide Partner verbunden, beschnittene Männer haben ein geringeres Infektionsrisiko. Insgesamt scheint das Infektionsrisiko nicht konstant über die Anzahl der Kontakte zu sein, so dass das Risiko einzelner Kontakte womöglich erheblich zu niedrig angegeben ist. Mit besseren Medikamenten sinkt möglicherweise das Übertragungsrisiko durch die sinkende Viruslast in Blut und Sekreten.

  • Vaginalverkehr: Ungeschützter vaginaler Geschlechtsverkehr ist mit hohem Risiko behaftet.
  • Bei Analverkehr treten häufig kleine Risse an der Schleimhaut auf, daher ist das Risiko im Vergleich zum Vaginalverkehr nochmals signifikant erhöht.
  • Fellatio, Oralverkehr mit Spermaaufnahme durch den Mund: Das Infektionsrisiko ist sehr gering, eine Infektion ist jedoch nicht ausgeschlossen.
  • Eine Infektion durch Vorflüssigkeit (Präejakulat) ist eher unwahrscheinlich.
  • Cunnilingus, Oralverkehr bei der Frau: Das Risiko wird ebenfalls äußerst gering eingeschätzt, solange kein Kontakt mit Menstruationsblut stattfindet.
  • Anilingus: Das Risiko wird als äußerst gering eingeschätzt.
  • Andere Sexualpraktiken, bei denen kein Kontakt zu Schleimhäuten, Blut, Sperma oder Vaginalsekret besteht, haben ein extrem geringes Infektionsrisiko.

Postexpositionelle Prophylaxe

Teilweise besteht die Möglichkeit einer Postexpositionsprophylaxe. Diese besteht aus allgemeinen Maßnahmen (Waschen des Penis nach dem Verkehr, Ausdrücken der Stichwunden und Behandlung mit Desinfektionsmittel) und spezifischen Maßnahmen wie der Gabe von antiretroviralen Medikamenten.

Nach einem Ansteckungsverdacht sollte immer sofort ein Arzt aufgesucht werden, der über mögliche Maßnahmen informiert und diese auch einleiten kann. Im Idealfall sollte mit der Postexpositionsprophylaxe innerhalb von zwei Stunden nach der Risikosituation begonnen werden. Die Medikation entspricht im Wesentlichen der antiretroviralen Tritherapie eines HIV-positiven Patienten.

HIV-Tests

HIV-Tests unterteilen sich in Suchtests und Bestätigungstests. Ziel eines Suchtests (zum Beispiel ELISA-Suchtest) ist es, möglichst alle infizierten Personen zu erkennen – um den Preis, dass auch einige nicht-infizierte fälschlicherweise positiv getestet werden. Wird eine Person im Suchtest positiv getestet, so ist in vielen Ländern ein Bestätigungstest (in Deutschland und den USA: Western-Blot-Bestätigungstest) vorgeschrieben, um eine falsch positive Diagnose zu verhindern. HIV-Tests werden meist in einem Labor durchgeführt. Es existieren jedoch auch Schnelltests, die ohne technische Hilfsmittel teilweise bereits nach fünf Minuten ein Ergebnis anzeigen können.

Ein HIV-Test darf nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen durchgeführt werden, eine Testung ohne Wissen des Patienten ist rechtlich unzulässig und kann dementsprechend geahndet werden. In Deutschland muss ein positiver HIV-Test gemäß Infektionsschutzgesetz in anonymisierter Form an das Robert Koch-Institut in Berlin gemeldet werden. In Österreich ist nur die AIDS-Erkrankung, nicht aber die bloße HIV-Infektion meldepflichtig.

Krankheitsverlauf

Eine HIV-Infektion verläuft in vier Phasen:

Akute Phase (vier bis sechs Wochen)

Zwei bis sechs Wochen nach einer Infektion können grippeähnliche Symptome wie Fieber, Nachtschweiß, geschwollene Lymphknoten, Übelkeit usw. auftreten.

Die häufigsten Symptome einer akuten HIV-Infektion sind (angegeben nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens)

  • 80 % Fieber
  • 78 % Abgeschlagenheit, Müdigkeit
  • 68 % Unwohlsein, Krankheitsgefühl
  • 54 % Kopfschmerzen
  • 54 % Appetitverlust
  • 54 % Arthralgien (Gelenkschmerzen)
  • 51 % Hautausschlag
  • 51 % Nachtschweiß
  • 49 % Myalgien (Muskelschmerzen)
  • 49 % Übelkeit
  • 46 % Diarrhoe (Durchfall)
  • 46 % Fieber und Ausschlag (als Kombination)
  • 44 % Pharyngitis oder Schluckschmerzen
  • 37 % orale Ulzerationen (Geschwüre im Mund)
  • 34 % Steifer Nacken (vermutlich aufgrund der auch dort befindlichen und angeschwollenen Lymphknoten)
  • 32 % Gewichtsverlust größer als 2,5 kg
  • 24 % Lichtempfindlichkeit

Manche Patienten bemerken obige Symptome jedoch nicht oder sie haben keine.

Zur Diagnostik einer akuten HIV-Infektion dient ein positiver HIV-RNA-Test durch eine RT-PCR und ein negativer oder „grenzwertiger“ Bestätigungstest.

Latenzphase

In dieser Zeit vermehrt sich das Virus im Körper. Betroffene, sofern sie von ihrer Infektion wissen, leiden allenfalls psychisch darunter, körperliche Symptome treten hingegen keine auf. Die Latenzzeit dauert im Durchschnitt neun bis elf Jahre. Es gibt sowohl Patienten, die innerhalb von Monaten nach der Ansteckung AIDS entwickeln, als auch solche, bei denen trotz Ansteckung in den 80er Jahren und ohne HAART bis heute keine Progression zu AIDS festzustellen ist.

(A)ids (R)elated (C)omplex

Es treten die gleichen Beschwerden wie in der Akutphase auf. Sie gehen jedoch nicht mehr zurück.

Krankheitsphase

Die Diagnose AIDS wird gestellt, wenn bei einem HIV-Positiven bestimmte Infektionen oder bösartige Tumoren, die sogenannten AIDS definierenden Erkrankungen, festgestellt werden. Die Infektionen werden als opportunistische Infektionen bezeichnet. Für das (intakte) Immunsystem eines gesunden Menschen sind sie oft harmlos. Durch das kompromittierte Immunsystem eines HIV-Positiven kann sich der Organismus jedoch nicht ausreichend wehren; es treten die oben genannten Infektionen auf. Als Maß für die Zerstörung des Immunsystems dient die T-Helfer-Zellen-Zahl im Blut eines HIV-Infizierten. Unter der Schwelle von 200–400 / µl Blut ist die Therapie indiziert. Im späten Stadium kann sich eine subkortikale Demenz entwickeln.

Therapie

Highly Active Antiretroviral Therapy (HAART)

Mit Highly active antiretroviral therapy (HAART) wird die medikamentöse Kombinationstherapie aus mindestens drei antiretroviralen Wirkstoffen bezeichnet. Ziel von HAART ist, den Ausbruch des Krankheitsbildes AIDS hinauszuzögern. Eine erfolgreiche HAART drückt die Viruslast (Konzentration des HI-Virus im Blut) unter die Nachweisgrenze und erhöht die CD4-Zellwerte, d. h., das Immunsystem wird gegen opportunistische Infektionen und andere AIDS-definierende Erkrankungen gestärkt. Es ist nicht möglich, das HI-Virus durch HAART aus dem Körper zu eliminieren.

Aufgrund neuer medizinischer Studienergebnisse sowie der Entwicklung und Zulassung neuer antiretroviraler Arzneistoffe und Substanzklassen befindet sich HAART in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess. Dennoch gibt es eindeutige Leitlinien auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu den verschiedenen Aspekten der antiretroviralen Therapie

Startzeitpunkt einer HAART

Die Kriterien für den besten Startzeitpunkt einer HAART sind in den jeweiligen nationalen Leitlinien definiert. Diese wägen die Gefahr, an AIDS zu erkranken, gegen die Risiken der Langzeittoxizität und Resistenzbildung ab. Während Mitte der 1990er Jahre die Mutationsgeschwindigkeit des Virus und die Annahme einer möglichen Eradikation zu einer „Hit hard and early!“-Strategie bei der Behandlung verleiteten, führte die Entdeckung mitochondrialer Toxizität zur Zurückhaltung. Heute beginnt eine HAART erst bei deutlicher Schwächung des Immunsystems.

Die Europäische Empfehlung zum Therapiebeginn berücksichtigt drei Faktoren: das klinische Bild des Patienten, seinen CD4-Wert und die Viruslast.

Patienten, die bereits AIDS-definierende Erkrankungen haben (CDC C), wird eine HAART dringend empfohlen. Auch beim Auftreten von Erkrankungen, die auf ein geschwächtes Immunsystem hindeuten, jedoch nicht AIDS-definierend sind (CDC B), wird eine HAART empfohlen. Dies gilt auch für Patienten, die symptomfrei sind, aber einen CD4+-Wert unter 200 haben, da es dann meist eine Frage der Zeit ist, bis AIDS auftritt. Als im Allgemeinen ratsam wird eine Therapie bei Patienten angesehen, die einen CD4+-Wert zwischen 200 und 350 haben. Ebenso angeraten ist der Beginn der HAART laut der Empfehlung bei Patienten mit einem CD4+-Wert zwischen 350 und 500, wenn eine hohe Viruslast vorliegt (> 100.000).

Aufgrund der für den Patienten weitreichenden Konsequenzen wird die Entscheidung individuell getroffen, so dass der Patient zuvor über Risiken und Nebenwirkungen ausreichend informiert und psychisch auf diese Therapie eingestellt ist.

Durch eine antiretrovirale Therapie (ART), das heißt die Einnahme von HIV-unterdrückenden Medikamenten, und Behandlung von Sekundärinfektionen kann der Krankheitsverlauf verlangsamt werden. Da das Virus schnell Resistenzen gegen einzelne Medikamente entwickelt, hat sich die Therapie durch gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente durchgesetzt, die so genannte „Highly Active Antiretroviral Treatment“ (HAART).

Antiretrovirale Therapie kann die Lebenserwartung HIV-Infizierter deutlich verlängern, jedoch keine vollständige Eradikation des Virus – und damit eine Heilung – bewirken. Zudem können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten. Eine einmal begonnene ART sollte nicht mehr abgesetzt werden, um Resistenzbildung zu verhindern. Aus demselben Grund ist eine regelmäßige Tabletteneinnahme unumgänglich (siehe Adherence). Daraus ergibt sich eine hohe Belastung für den Patienten.

Zurzeit werden drei Wirkstoffklassen angewandt: Nukleosid- und Nukleotidanaloga (NRTI), Nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) und HIV-Proteaseinhibitoren (PI). Eine weitere Wirkstoffklasse stellen Fusionsinhibitoren wie die Substanz T-20 dar.

Wirkstoffe

Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI)

Nukleosid-Analoga, auch nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI, umgangssprachlich „Nukes“) genannt, setzen an der reversen Transkriptase an, einem Enzym des HI-Virus, das das virale RNA-Genom in doppelsträngige DNA „übersetzt“. Anschließend baut ein weiteres virales Enzym, die Integrase, diese Virus-DNA in die DNA der Wirtszelle ein. Die NRTI stellen hierbei ein alternatives Substrat dar und konkurrieren mit den physiologischen Nukleosiden, unterscheiden sich von diesen jedoch durch ein verändertes Zuckermolekül. Der Einbau der NRTI behindert die Struktur der Doppelstrangbindung und führt daher zu Kettenabbrüchen in der Virus-DNA.

Hierbei entsprechen die Wirkstoffe Zidovudin (Azidothymidin, AZT) und Stavudin (d4T) dem DNA-Baustein Thymidin, Lamivudin (3TC) dem Cytidin, während Didanosin (DDI) analog zu Inosin und Abacavir ein Guanosin-Anologon ist. Eine Kombination von Analoga mit gleichem Ansatzpunkt (etwa AZT und d4T) ist nicht sinnvoll.

Zahlreiche Nebenwirkungen können bei der Therapie mit NRTI auftreten. Häufig sind Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Völlegefühl oder Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoeen sowie allgemeine Müdigkeit. Als Folge längerer Anwendung kann es zur Laktatazidose (Ansammlung von Milchsäure im Blut), Myelotoxizität (Knochenmarksschädigung), Schädigung peripherer Nerven und Bauchspeicheldrüsenentzündungen kommen. Auch eine Lipodystrophie, eine auch bei Therapie mit HIV-Proteaseinhibitoren zu beobachtende Umlagerung von Körperfett, kann bei längerer Einnahme von NRTI auftreten.

Viele dieser Nebenwirkungen sind eine Folge der mitochondralen Toxizität: Mitochondrien, die lebenswichtigen Kraftwerke der Zellen, benötigen ebenfalls Nukleoside. Durch den Einbau von NRTI statt Nukleosiden kommt es zu Stoffwechselstörungen und zur Degeneration der Mitochondrien. Bei der Toxizität der einzelnen Substrate gibt es erhebliche Unterschiede.

NRTI werden unverändert in die Zelle aufgenommen und dort durch Phosphorylierung aktiviert. Sie werden überwiegend über die Niere (renal) eliminiert und haben daher wenig Wechselwirkung mit Medikamenten, die in der Leber verstoffwechselt werden.

Nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI)

Während NRTIs als „falsche“ Bausteine die reverse Transkriptase hemmen, binden nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) direkt an dieses Enzym, nahe der Substratbindungsstelle für Nukleoside. Zurzeit gibt es drei NNRTIs auf dem Markt: Nevirapin, Delavirdin und Efavirenz. Während Nevirapin und Efavirenz etwa gleich effektiv sind, spielt Delavirdin in der Therapie kaum eine Rolle und ist in Deutschland (noch) nicht zugelassen.

Als Einzelsubstanz zeigen NNRTIs nur eine begrenzte Wirkung, in Kombinationstherapie mit zwei NRTIs sind sie aus immunologisch-virologischer Sicht mit HIV-Proteaseinhibitoren gleichwertig. Bisher konnte keine Studie nachweisen, dass die Überlebenszeit verbessert wurde und die Krankheit langsamer fortschreitet als mit HAART. Jedoch wurde eine Verbesserung der Lebensqualität beschrieben. Zur Zulassung wurden ausschließlich Studien zu verbesserten CD4+-Zellzahlen und zur niedrigeren Viruslast benutzt (Surrogat-Marker-Studien). Durch ihre gute Verträglichkeit und die geringere Pillenzahl werden sie häufig den HIV-Proteaseinhibitoren vorgezogen. NNRTIs sind recht empfindlich: Schon eine Punktmutation genügt, um eine Resistenz des Virus gegen den Wirkstoff zu erzeugen. Zudem bestehen Kreuzresistenzen: Zeigt ein Virus Resistenzen gegen einen NNRTI, so sind meist alle NNRTIs wirkungslos. NNRTIs werden in der Leber verstoffwechselt (Cytochrom P450-System).

Die Nebenwirkungsprofile der einzelnen Wirkstoffe unterscheiden sich erheblich. Bei der Therapie mit Nevirapin stehen vor allem allergische Reaktionen und Lebertoxizität im Vordergrund. Ein Ausschlag tritt bei bis zu 20 % der Patienten auf und führt bei 7 % zum Abbruch der Nevirapineinnahme. Um die Gefahr von Allergien zu mindern, wird Nevirapin zu Beginn der Therapie in niedriger Dosierung gegeben. Anschließend wird die Dosis schrittweise erhöht. Lebertoxizität ist eine seltene, aber unter Umständen lebensbedrohliche Nebenwirkung von Nevirapin. Daher sollten zu Beginn der Therapie die Leberwerte (vor allem die Transaminasen) engmaschig kontrolliert werden.

Die Nebenwirkungen von Efavirenz betreffen hingegen vor allem das zentrale Nervensystem. Sie treten meist zu Beginn der Therapie auf und schwächen sich danach ab. Während der ersten vier Wochen einer Studie traten bei zwei Dritteln der Patienten Schwindel, bei nahezu der Hälfte Albträume und bei etwa einem Drittel der Patienten Benommenheit und Schlafstörungen auf. Diese nahmen aber meist nach einiger Zeit ab. Während Nevirapin zur Vorbeugung einer Mutter-zu-Kind-Übertragung (PMTCT = Prevention of Mother to Child Transmission) eingesetzt wird, ist Efivarenz in der Schwangerschaft kontraindiziert. Angesichts der Wirkung auf das zentrale Nervensystem ist die Verkehrstauglichkeit fraglich. Ein Vorteil von Efavirenz gegenüber Nevirapin ist die geringere Lebertoxizität.

Delavirdin ist wegen der hohen Pillenzahl und der dreimal täglichen Einnahme den anderen Wirkstoffen unterlegen. Zudem ist es zurzeit nicht auf dem deutschen Markt zugelassen.

HIV-Proteaseinhibitoren (PI)

Kann das HIV-Enzym HIV-Protease das virale Makromolekül gag-pol-Polyprotein nicht spalten, so werden nicht-infektiöse Viruspartikel produziert. HIV-Proteaseinhibitoren wurden mit dem Wissen über die molekulare Struktur des Enzyms so modelliert, dass sie direkt im aktiven Zentrum der Protease binden können. Die gute Wirksamkeit von HIV-Proteaseinhibitoren wurde anhand von klinischen Endpunkten nachgewiesen. Sie haben zu einer deutlichen Verbesserung der Therapie beigetragen. Bei der Langzeitbehandlung zeigen sich jedoch einige Probleme, die zu Störungen im Fettstoffwechsel führen und in der Folge Lipodystrophie (Fettverteilungsstörungen) und Dyslipidämie (erhöhte Blutfettwerte) auslösen können. Der Grund liegt wahrscheinlich in der mitochondrialen Toxizität, da HIV-Proteaseinhibitoren offenbar ähnlich den NRTI die Mitochondrien schädigen. Weitere Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden.

HIV-Proteaseinhibitoren haben relativ kurze Plasmahalbwertszeiten. Schon nach acht Stunden ist die minimale Hemmkonzentration erreicht. Daher müssen die meisten HIV-Proteaseinhibitoren dreimal täglich eingenommen werden.

Der Abbau der HIV-Proteaseinhibitoren geschieht in der Leber durch das Cytochrom-P450-Enzymsystem. Der HIV-Proteaseinhibitor Ritonavir hemmt dieses System. Man ging daher dazu über, andere Proteaseinhibitoren zusammen mit Ritonavir zu verabreichen, um den Abbau zu verlangsamen und die Plasmahalbwertszeit zu verlängern. Dies wird als „Booster“ bezeichnet. Mittlerweile gibt es den HIV-Proteaseinhibitor Lopinavir kombiniert mit einer Boosterdosis Ritonavir (Kaletra). Dies führt zu einer fast 100-fach größeren Plasma-Konzentration von Lopinavir und zu einer größeren Barriere gegen Resistenzen. Daher wird Lopinavir/Ritonavir (Kaletra) zumeist nach Therapieversagen anderer Medikamente benutzt („Salvage-Bereich“).

Ein weiteres Problem ist die Wechselwirkung von HIV-Proteaseinhibitoren mit vielen anderen Substanzen: zum einen über das Cytochrom-P450-Enzymsystem mit Inhaltsstoffen der Grapefruit, zum anderen besteht eine gegenseitige Wechselwirkung (sowohl gegenseitige Abschwächung als auch gegenseitige Verstärkung) zu Östrogen, was den gleichzeitigen Einsatz von HIV-Proteasehemmern und hormonellen Kontrazeptiva verhindert.

Entry-Inhibitoren

Entry-Inhibitoren unterbrechen den Eintritt des Virus in die Wirtszelle.

Fusions-Inhibitoren (FI)

Anfang 2003 wurde der erste Fusionsinhibitor Enfuvirtid (entwickelt unter der Bezeichnung T-20) auf den Markt gebracht. T-20 bindet an das für die Fusion des Virus mit der Zellmembran der T-Helferzellen wichtige Transmembranprotein gp41 und blockiert so den Eintritt des Virus in die Zelle. Besonders interessant wird die Substanz dadurch, dass sie keine mitochondriale Toxizität und damit kein Lipodystrophiesyndrom auslöst.

T-20 ist mit seinen 36 Aminosäuren zu groß für eine orale Einnahme. In seiner jetzigen Form muss T-20 täglich subkutan gespritzt oder über eine Infusionspumpe verabreicht werden. Als Nebenwirkung treten häufig Hautirritationen an der Einstichstelle auf.

Erste Studien ergaben, dass eine bloße Hinzugabe von T-20 zu einer klassischen antiretroviralen Therapie nur einen begrenzten Erfolg mit sich bringt. Zwei große Studien, die T-20 zu einer optimierten HAART gegen eine optimierte HAART ohne T-20 verglichen, zeigte jedoch signifikant bessere Werte im T-20-Arm der Studie. Das lässt darauf schließen, dass besonders diejenigen Patienten von T-20 profitieren, die gleichzeitig auch noch andere medikamentöse Optionen haben.

T-20 kann offenbar zu Interaktionen mit Granulozyten führen, die bei einigen Patienten zu vermehrten Infektionen führten.

Eine rasche Resistenzbildung des Virus ist zudem recht wahrscheinlich. Jedoch scheint die virale Angepasstheit an den menschlichen Wirt der resistenten Stämme vermindert zu sein.

Dennoch gibt T-20 den Patienten, die auf Grund von Nebenwirkungen oder Resistenzen ihre Therapie umstellen müssen, eine Option. Erste Wahl zu Therapiebeginn ist T-20 derzeit jedoch nicht, und das nicht nur auf Grund der Studienlage. T-20 ist nach Aussage der Herstellerfirma F. Hoffmann-La Roche AG eine der am aufwändigsten zu produzierenden Substanzen der Firmengeschichte. Dies spiegelt sich im Preis wider, der mit über 24.000 Euro pro Jahr höher als einige Dreifachkombinationen herkömmlicher antiretroviraler Medikamente liegt.

Weiterhin gibt es seit Frühjahr 2007 Maraviroc (MVC) im Extended-Acces-Programm zur Letztbehandlung von HIV-Patienten, die sonst keine Therapieoption mehr haben.

An anderen Fusionsinhibitoren und an einer wöchentlich zu verabreichenden T-20-Injektion wird geforscht.

Integrase-Inhibitoren

Nach vielen Fehlschlägen und Schwierigkeiten in den 1990ern begann ab 2000 die Entwicklung der Integrase-Inhibitoren an Fahrt aufzunehmen. Damals wurde das Prinzip der Strangtransfer-Inhibition aufgedeckt. Seit 2005 geht es nun auch in klinischen Studien rasant voran, spätestens nach den ersten Daten der Phase-III-Studien zu Raltegravir (MK-0518) sind die Integrasehemmer die nächste neue Substanzgruppe in der HIV-Therapie. MK-0518 ist mittlerweile im Expanded-Access-Programm, also zur Letztbehandlung von HIV-Patienten, die sonst keine Therapieoption mehr haben, zugelassen.

Experimentelle Therapien

Maturations-Inhibitoren

Maturations-Inhibitoren („Reifungshemmer“) hemmen die Knospung neuer Virionen. Wie bei den Integrasehemmern wurde 2005 erstmals in vivo eine antiretrovirale Wirkung nachgewiesen. Bevirimat (PA-457) ist ein Derivat der Betulinsäure, die als Triterpen-Carbonsäure aus Birken- oder Platanenrinde isolierbar ist und als Zytostatikum gegen Melanome eingesetzt wird. PA-457 hemmt die Knospung bzw. Reifung neuer Virionen. Studien der Phase-IIa sind bereits veröffentlicht. Studien der Phase-IIb verlaufen aufgrund unerwarteter Schwierigkeiten in der Dosisfindung schleppend.

Tre-Rekombinase

Am 29. Juni 2007 stellten Wissenschaftler des Hamburger Heinrich-Pette-Instituts für Experimentelle Virologie und Immunologie sowie des Max-Planck-Instituts für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden im US-Wissenschaftsjournal Science den Grundstein für eine neue AIDS-Therapie vor. Ihnen gelang es nach eigenen Angaben erstmals, aus menschlichen Zellen das Erbgut des AIDS-Erregers gezielt zu entfernen. Für ihr erfolgreiches Experiment entwickelten die vier Forscher ein spezielles Enzym – Tre-Rekombinase genannt –, das als molekulare Schere fungiert. Es trennt das HI-Virus aus der DNA der Zelle heraus und macht es auf diese Weise unschädlich. Joachim Hauber, einer der Wissenschaftler, erklärte gegenüber der Presse: „Wir sind das Virus in den Zellen wieder losgeworden. Das hat bislang noch niemand geschafft.“ Die Untersuchungen fanden bislang lediglich in Zellkulturen statt, nicht jedoch in Tierversuchen oder im Rahmen von klinischen Studien am Menschen. Ob mit Hilfe der Tre-Rekombinase eine effiziente Therapie gegen HIV-Infektionen entwickelt werden kann, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Vorbeugung

Prävention ist die effektivste Maßnahme gegen HIV. Durch den Gebrauch von Kondomen, sterilen Nadeln bei der Einnahme von Drogen und bei Impfungen sowie Blutspenden kann man einer Infektion sehr sicher entgehen. Die UNESCO hat 2004 mit EDUCAIDS ein weltweites Programm zur Aufklärung der Bevölkerung gestartet. Nach einem Ereignis mit Ansteckungsrisiko kann die Wahrscheinlichkeit einer Infektion vermindert werden, wenn eine so genannte Postexpositionsprophylaxe durchgeführt wird.

Eine HIV-Impfung existiert nicht. An der hohen Mutationsrate des HI-Virus scheiterten bisher die langjährigen Forschungen um Impfstoffe, die die Bildung von schützenden Antikörpern gegen das Oberflächenprotein gp120 fördern sollten. Als das Mittel gegen das sehr ähnliche SIV (SI-Virus, simian Immunodeficiency virus) der Affen erfolgreich getestet worden war, hatte das HI-Virus in freier Wildbahn die Struktur seines gp120 Oberflächenproteins verändert.

Entstehungstheorien

Mit dem menschlichen HI-Virus fast identisch ist das bei Affenarten vorkommende simiane Immundefizienz-Virus (SIV). Es dürfte seit mindestens 32.000 bis 75.000 Jahren existieren, wie durch Vergleiche von der vor Afrika liegenden Insel Bioko und vom afrikanischen Festland stammenden Proben ermittelt wurde.[48] Man unterscheidet vor allem das afrikanische SIVcpz (von chimpanzee), von dem HIV-1 abstammt, und das asiatische SIVmac (von macaque), von dem das seltenere HIV-2 abstammt.

Genetische Analysen von Virologen der University of Alabama at Birmingham aus dem Jahre 2003 zeigen, dass SIVcpz eine Kombination aus zwei Virusstämmen ist, die in Weißnasenmeerkatzen und Halsbandmangabe vorkommen. Da diese Arten von Schimpansen gejagt und gefressen werden, müssen sich die Schimpansen mit den zwei Virusstämmen infiziert haben, aus denen sich dann in ihrem Körper das SI-Virus gebildet hat.

Die Übertragung dieses SI-Virus auf den Menschen erfolgte nach Ansicht der Forscher wohl bereits vor den 1930er Jahren durch Verletzungen bei der Jagd oder Verzehr von Schimpansen, wobei es Hinweise gibt, dass dies in isolierten Fällen bereits früher geschah. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass das HI-Virus zuerst in Westafrika auftrat, aber es ist nicht mit letzter Sicherheit geklärt, ob es nicht mehrere Virusherde gab. Neue sogenannte phylogenetische Untersuchungen, also Verwandtschaftsvergleiche zwischen den unterschiedlichen Subtypen von HIV und zwischen HIV und SIV, lassen vermuten, dass mehrere unabhängige Übertragungen vom Schimpansen auf den Menschen in Kamerun und/oder dessen Nachbarländern stattfanden.

Die älteste Blutprobe, die nachgewiesenermaßen HIV-Antikörper enthält, wurde 1959 im Kongo von einem erwachsenen Menschen genommen. Weitere Proben stammen von einer im Kongo gestorbenen Frau (1960, Lymphknotengewebe), einem US-Amerikaner (1969) und einem norwegischen Matrosen (1976).

Geschichte

Erste Infektionen

Die früheste dokumentierte Infektion mit HIV-1 wurde anhand 1959 entnommener Blutproben eines Mannes aus Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) nachgewiesen. Der Vergleich mit späteren Proben von einer 1976 an AIDS verstorbenen Familie eines norwegischen Seemanns deutet auf Divergenz von einem gemeinsamen Vorfahren aus den 1940er bis frühen 1950er Jahren hin. Es wird angenommen, dass HIV-1 einige Jahre zuvor auf den Menschen übersprang. Der genetische Unterschied zwischen HIV-1 und HIV-2 deutet jedoch auch darauf hin, dass diese Subtypen bereits weitaus früher divergierten. Die Genetikerin Bette Korber vom Los Alamos National Laboratory datierte im Jahre 2000 anhand der Probe von 1959 die erste Übertragung auf etwa das Jahr 1931. Der Evolutionsbiologe Michael Worobey von der University of Arizona datierte im Jahre 2008 mit Hilfe einer zusätzlichen Probe aus dem Jahre 1960 die erste Übertragung auf die Zeit zwischen 1884 und 1924. Er vermutet dadurch, dass die Gründung der Kolonialstädte dem Virus half, Fuß zu fassen.

Erste Krankheitsbeschreibungen

1981 beschrieb Michael Gottlieb in der am 5. Juni erschienenen Ausgabe des Morbidity and Mortality Weekly Report, einem wöchentlichen Bulletin der US-Gesundheitsbehörde CDC, eine Häufung einer seltenen Form der Lungenentzündung. Diese durch den Pilz Pneumocystis jirovecii ausgelöste Form befällt nahezu ausschließlich Patienten mit schwerwiegender Immunschwäche, wurde von Gottlieb jedoch bei fünf zuvor gesunden, homosexuellen Männern in Los Angeles festgestellt. Ähnliche Berichte aus anderen US-amerikanischen Städten folgten. Zudem wurden verstärkt auch andere opportunistische Erkrankungen – etwa Kaposi-Sarkome – festgestellt, die überwiegend Patienten mit geschwächtem Immunsystem befallen.

Schon früh wurde eine erworbene Immunschwächeerkrankung als wahrscheinliche Ursache in Betracht gezogen, die sexuell übertragen werden kann. Anfangs gab es keinen offiziellen Namen, und es wurde oft auf die Namen der Krankheiten verwiesen, wie Lymphadenopathie oder Kaposi-Sarkom, teilweise mit einem Verweis auf homosexuelle Männer; die Task Force der CDC wurde Kaposi's Sarcoma and Opportunistic Infections benannt, welches auch für Berichte genutzt wurde. In der allgemeinen Presse wurde unter anderem ab Mai von Gay Related Immune Deficiency (GRID) oder Gay People's Immuno Defiency Syndrome (GIDS) geschrieben. Weitere epidemiologische Untersuchungen in den USA zeigten jedoch, dass die Krankheit auch unter Hämophilen, Empfängern von Blut (zum Beispiel durch Bluttransfusionen) und heterosexuellen Drogenabhängigen auftrat, was neben sexueller auch eine parenterale Übertragung nahelegt. Auf der Suche nach einem Namen kreierte die CDC auch den Namen „the 4H disease“, verweisend auf die vermeintlichen Hauptbetroffenengruppen: Haitianer, Homosexuelle, Hämophile und Heroin-Süchtige. Am 27. Juli 1982 einigte man sich bei einer Konferenz auf den beschreibenden Namen Acquired Immune Deficiency Syndrome und die Abkürzung AIDS, was ab August 1982 verwendet wurde und ab September 1982 bei der CDC, bzw. im französischen Sprachraum als „Syndrome d’Immuno-Déficience Acquise“ (SIDA) in Erscheinung tritt.

In Deutschland berichtete der Spiegel erstmals am 31. Mai 1982 unter dem Titel „Der Schreck von drüben“ und die Krankheit wurde erstmalig im Juli 1982 bei einem Patienten aus Frankfurt am Main diagnostiziert. In Österreich werden die ersten beiden Fälle im April 1983 gemeldet und anlässlich des ersten Verstorbenen berichteten im Frühjahr 1983 erstmals die österreichischen Tageszeitungen. In der Folge erstellen die HOSI Wien mit Klaus Wolff und Christian Kunz ein an schwule Männer gerichtetes Informationsblatt und geben es gemeinsam mit der „Wiener Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundheit“ heraus. Es ist die erste Informationsbroschüre Europas.

Isolation des Virus und erste Therapien

1983 isolierte eine französische Forschergruppe um Luc Montagnier ein zuvor unbekanntes Retrovirus, das Lymphadenopathie-Virus (LAV), das sie als Ursache für AIDS vermuteten. Eine kausale Beziehung zwischen dem Virus und der Immunschwächeerkrankung wurde kurze Zeit später behauptet. 1984 wurde im US-Krebsinstitut ein bei AIDS-Patienten entdecktes Virus Human T-cell Lymphotropic Virus-III (HTLV-III) genannt. Im März 1985 stellte sich aufgrund weiterer Berichte zu LAV und HTLV-III heraus, dass diese identisch sind. 1985 erhielt Robert Gallo das US-Patent für den ersten ELISA-Antikörper-Test, der von der US-Zulassungsbehörde zugelassen wurde. Im Jahr 1986 wurde für das Virus der Name Humanes Immunschwächevirus (HIV) etabliert. Ein Jahr später, 1987, wurde mit AZT (Retrovir) das erste Therapeutikum zugelassen. 1989 wurde bei HIV-Patienten die Pentamidin-Inhalation zur Prophylaxe der Pneumocystis-Pneumonie eingeführt.

Im Januar 1982 wurde mit Gay Men’s Health Crisis (GMHC) die älteste Organisation zur Unterstützung von Menschen mit AIDS in New York City gegründet. 1983 wurde in Berlin die AIDS-Hilfe gegründet, im August 1985 jene in Wien im selben Jahr die Aids-Hilfe Schweiz. Im gleichen Jahr fand in Atlanta (USA) die erste Welt-AIDS-Konferenz statt und mit Rock Hudson verstarb der erste von den Medien wahrgenommene Top-Prominente. Aus der GMHC spaltete sich im März 1987 die aktivistische politische Initiative Act Up ab.

Als bei einer routinemäßigen Pressekonferenz am 15. Oktober 1982 im Weißen Haus eine Frage über AIDS gestellt wurde, wurde das Ganze ins Lächerliche gezogen. Präsident Ronald Reagan (Januar 1981 bis Januar 1989) fand im Mai 1987 bei der 3. Internationalen Aids-Konferenz in Washington erstmals offizielle Worte. Elizabeth Taylor hatte ihm zuvor einen flehenden Brief geschrieben, mitzuhelfen das archaische Stigma („Krankheit von Homosexuellen“) aufzubrechen. Bis dahin waren bereits 36.058 US-Bürger diagnostiziert worden, 20.849 an den Folgen gestorben und die Infektion wurde in 113 Ländern festgestellt.

Seit 1987 ist das Global Program on HIV/AIDS der WHO aktiv, aus dem 1996 UNAIDS entsteht. Im Jahr 1988 wurde von der WHO der 1. Dezember zum Welt-AIDS-Tag erklärt. Der nachfolgende US-Präsident Bill Clinton erklärte im Jahr 2000 Aids zum „Staatsfeind“, da die Epidemie Regierungen stürzen, Chaos in der Weltwirtschaft verursachen und ethnische Konflikte auslösen könne.

Rote Schleife wird Symbol für Kampf gegen AIDS

Im Jahr 1990 wurde aus Protest gegen die Diskriminierung von HIV-Infizierten auf der AIDS-Konferenz in San Francisco das Red Ribbon, ein rotes Armband, etabliert. Ein Jahr später wurde die Rote Schleife international zum Symbol für den Kampf gegen AIDS. 1992 wurde aufgrund der US-Einreisebestimmungen der Welt-AIDS-Kongress von Boston nach Amsterdam verlegt. Außerdem wurde im Gedenken an Freddie Mercury von den verbleibenden Queen-Mitgliedern die Stiftung Mercury Phoenix Trust gegründet.

Veränderungen nach Einführung des PCR-Tests auf HIV

1994 wurde die HIV-PCR als wichtiger diagnostischer Test für die Therapiekontrolle des Infektionsverlaufes etabliert. Im folgenden Jahr, 1995, kam der erste HIV-Proteasehemmer, Saquinavir, in den USA auf den Markt. Im folgenden Jahr wurde Nevirapin als erster nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Hemmer zugelassen. Durch die intensive Kombinationstherapie nahm die Sterberate in den USA 1997 drastisch ab. 2003 wurde mit Enfuvirtid (Fuzeon) der erste Fusionshemmer in den USA zugelassen. 2004 wurde von der WHO die Initiative 3 by 5 gestartet: Drei Millionen Infizierte sollten im Jahr 2005 mit Medikamenten versorgt werden.

Zu Anfang galt die Erkrankung in der öffentlichen Wahrnehmung als Problem von „Randgruppen“ wie Homosexuellen und Drogenabhängigen. Dies änderte sich jedoch auf dramatische Weise durch das Aufkommen von HIV-Tests. Denn auch Menschen ohne klinische Symptome hatten Antikörper, was auf eine Inkubationszeit von mehreren Jahren hindeutete, in der das Virus möglicherweise auch weitergegeben wurde. 1984 ergaben Untersuchungen, dass AIDS in Kinshasa bei Männern und Frauen gleich häufig auftrat, unabhängig von Drogenkonsum und Bluttransfusionen.

In den USA wurde 1985 berichtet, dass bei untersuchten Hämophiliekranken („Blutern“), die sich durch Blutkonserven infiziert hatten, die Ansteckungsrate der Ehefrauen bei 70 % lag. Die Erkenntnis, dass die Ansteckungsgefahr bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr deutlich höher zu sein schien als zunächst angenommen, führte zu einem großen öffentlichen Interesse. Die Kombination aus den nun bekannten Ansteckungswegen und langer Inkubationszeit ließ epidemiologische Hochrechnungen ein pessimistisches Bild zeichnen.

Die jährliche Verdopplung von Neuerkrankungen hielt in Deutschland nur von 1984 bis 1987 an, danach verlief der Anstieg der Zahl von Erkrankten weniger steil, bis sich die Zahlen im Jahre 1993 auf etwa 2000 einpendelte. Dadurch änderte sich auch schnell wieder das öffentliche Interesse an AIDS. 2003 steckten sich weltweit ungefähr 4,8 Millionen Menschen neu mit dem Virus an, im selben Jahr starben etwa 2,9 Millionen Menschen daran.

→ Seitentitel: AIDS
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