Hüftprothese - Fragen und Antworten zur Hüft-OP
Jährlich werden in Deutschland ca. 150.000 künstliche Hüftgelenke eingesetzt. Dabei können Spezialisten individuelle Faktoren wie Alter, Geschlecht, Gewicht und besondere Umstände des Patienten berücksichtigen.
Knochen sparende Operationsmethoden und neue abnutzungsarme Materialien aus bruchfester Keramik sichern auch jüngeren Patienten langfristig Mobilität. Ein Experten-Gespräch dazu mit Dr. Martin Rinio, Orthopäde und Hüft-Spezialist der Gelenk-Klinik Gundelfingen.
- Dr. Martin Rinio ist Orthopäde und Hüft-
spezialist der Gelenk-Klinik Gundelfingen.
Foto: Gelenk-Klinik Gundelfingen
Herr Dr. Rinio, wann benötige ich ein künstliches Hüftgelenk?
Dr. Rinio: Die vom Knorpel gebildeten Gleitflächen können nach Unfall, Krankheit oder durch Arthrose verschleißen. Die Hüfte wird schmerzhaft, unbeweglich und steif. Eine Prothese kann in diesem Fall die Funktion und Komponenten des natürlichen Hüftgelenks gut unterstützen oder ersetzen. Sie beendet oft einen langen Leidensweg und ermöglicht vielen Menschen wieder ein aktives Leben ohne Schmerzen.
Und wie lange hält eine Hüftprothese?
Dr. Rinio: Ob Metall, Keramik oder Plastik – es gibt kein Material, das die Belastbarkeit und Haltbarkeit eines natürlichen Hüftgelenks erreichen kann. Bei einer optimalen Prothesenversorgung sind jedoch bis zu 25 Jahre und mehr möglich. Eine wesentliche Rolle scheint dabei der Aktivitätslevel zu spielen: Bei jüngeren Menschen verschleißen Hüftprothesen nachweislich erheblich schneller.
Jüngere Patienten benötigen demnach stabilere Lösungen?
Dr. Rinio: Richtig, vor allem bei jüngeren Patienten unter 60 oder sogar 50 Jahren sind Haltbarkeit und Stabilität der Prothesen besonders wichtig. Empfehlenswert sind Ausführungen mit Keramikoberfläche. Denn Keramik ist wesentlich abriebärmer als Metall-Kunsstoffgleitflächen. Das Risiko einer Prothesenlockerung ist deutlich minimiert.
Gibt es auch Nachteile?
Dr. Rinio: Keramik ist ein sehr sprödes Material. Bei sehr hoher Belastung deformiert es sich nicht elastisch, wie etwa Metall oder Plastik, sondern bricht durch. Das führte bisher hin und wieder zum Versagen der Prothesen. In den letzten Jahren wurden aber Hochleistungskeramiken entwickelt, deren Härte und Bruchsicherheit durch Einarbeitung von “Nano-Partikeln” um ein Vielfaches höher liegt. Die klinischen Daten dieser neuen Generation sind vielversprechend.
Nach 20 oder 25 Jahren ist dennoch Schluss – sind Wechsel-OPs problematisch?
Dr. Rinio: Immer häufiger müssen wir „jüngeren“ Patienten um die 50 oder 60 wegen ihrer fortgeschrittenen Hüftarthrose eine Prothese implantieren. Bei diesen Patienten ist aufgrund des normalen Verschleißes eine Wechsel-OP nach 20 oder 25 Jahren wahrscheinlich. Durch Knochen sparende Operationen schaffen wir gute Voraussetzungen für den reibungslosen späteren Austausch.
Können Sie das konkretisieren?
Dr. Rinio: Implantiert werden sogenannte Kurzschaftprothesen. Wie der Name schon sagt, haben die einen deutlich verkürzten Prothesenschaft. Der Vorteil: Im Vergleich zur Standardprothese muss der Oberschenkelknochen weitaus weniger ausgehöhlt werden. Große Teile des Schenkelhalses bleiben ohne Stabilitätsverlust für die Hüftprothese erhalten, was die spätere Wechsel-OP vereinfacht.
Wann ist eine Kurzschaftprothese ungeeignet?
Dr. Rinio: Voraussetzung ist eine sehr gute Knochendichte bzw. ein hoher Kalziumgehalt des Knochens. Bei Osteoporose, oft auch als Knochenschwund bezeichnet, ist dieses Verfahren also nicht mehr geeignet. In diesem Fall empfehlen wir eine zementfixierte Geradschaftprothese.
Wie wird eine Kurzschaftprothese implantiert?
Dr. Rinio: Die Kurzschaftprothese wird - wie auch alle anderen Hüftprothesen in unserem Hause - durch einen minimalinvasiven Zugang eingesetzt. Der Vorteil: Es ist keine Durchtrennung von Muskelfasern erforderlich. Das schafft gerade in der Frührehabilitation nach der OP erhebliche Vorteile: weniger Komplikationen und Schmerzen, eine wesentlich beschleunigte Wundheilung und eine schnellere Rehabilitation bei besserer Funktion.
Welche Risiken birgt diese Methode?
Dr. Rinio: Die minimalinvasiven Verfahren, besonders das schonende „anterolaterale“ Verfahren (Zugang von vorne), benötigen sehr viel operative Erfahrung und werden von Spezialisten sicher angewendet. Die allgemeinen Risiken wie Thrombosen, Schädigungen von Gefäßen, Nerven oder Muskeln sowie Medikamentenunverträglichkeiten sind bei jeder Operation gegeben. Hier gibt es keine spezifischen Nachteile.
Kann ich anschließend sofort wieder aktiv werden?
Dr. Rinio: Die Einheilung der einwachsenden Prothese benötigt Zeit. Eine zu große Knochenbelastung sollte man in den ersten drei Monaten der Knochenheilung vermeiden. Das ist wichtig, damit der Einheilungsprozess ungestört verläuft und die Prothese sicher und stabil verankert.
Eignen sich Kurzschaftprothesen auch für ältere Menschen?
Dr. Rinio: Älteren Patienten sind eher zementierte Prothesen zu empfehlen. Diese sind haltbarer, auch bei geringerer Knochendichte, und erlauben eine sofortige Vollbelastung des Gelenks.
Worauf sollte ich nach jeder Prothesen-OP achten?
Dr. Rinio: Je nachdem, welcher Zugangsweg für die Operation gewählt wurde, sollten in den ersten Wochen bestimmte Bewegungen vermieden werden. Es gilt, ein Auskugeln des neuen künstlichen Gelenks zu verhindern, bei dem der Prothesenkopf aus der Prothesenpfanne herausspringt. Eine schonende Teilbelastung des Gelenks sollte aber sehr schnell erfolgen - in den ersten Wochen durch Benutzung von Unterarmgehstützen. Autofahren und Sport sind in der Regel frühestens nach drei Monaten erlaubt.
Welche Sportarten sind mit Hüft-Prothese möglich?
Dr. Rinio: Zu den sinnvollen Sportarten zählen beispielsweise Golf, Radfahren, Wandern, Joggen in Maßen sowie Schwimmen (Vorsicht beim Brustschwimmen). Generell ungeeignet ist Sport mit schwer kontrollierbaren Bewegungen wie alpiner Skisport, Skilanglauf wegen der Sturzgefahr und sämtliche Wettkampfsportarten mit direktem Gegnerkontakt.
Kann sich meine Prothese lockern?
Dr. Rinio: Ja, an der Hüftpfanne und im Oberschenkel kann es zu Knochenverlust und dadurch zu Lockerungen kommen. Oft macht sich das nicht einmal durch Schmerzen bemerkbar. Schon deshalb sollte man alle drei Jahre den korrekten Sitz der Hüftprothese kontrollieren lassen.
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