Kalte Jahreszeit: Gefahr für Herz-Patienten?
In den Wintermonaten drohen nicht nur Erkältungen, auch für Herzpatienten birgt die kalte Jahreszeit Gefahren. „Die niedrigen Temperaturen können die Blutgefäße verengen, was den Herzmuskel ebenso wie die Gefäße eine zusätzliche Belastung bedeutet“, sagt Prof. Dr. med. Birgit Hailer, Kardiologin und Chefärztin der Medizinischen Klinik II des Katholischen Klinikums Essen. Wenn man dann noch angestrengt Schnee schiebt, Eis kratzt oder gar Sport treibt, kann das Herz aufgrund der Überanstrengung aus dem Takt geraten: „Stress für den Herzmuskel entsteht vor allem durch steigenden Blutdruck. Das Herz muss das Blut gegen größeren Widerstand durch die Blutgefäße pumpen.“ Daraus entstehende Unregelmäßigkeiten des Herzschlags sind bis zu einem gewissen Grad normal. Wie man ernsthafte Herzrhythmusstörungen erkennt, erklärt Prof. Hailer im Interview.
Frau Prof. Hailer, sind Herzrhythmusstörungen harmlos oder eine eigenständige Krankheit?
Prof. Hailer: Jeder Mensch hat irgendwann in seinem Leben Unregelmäßigkeiten des Herzschlages - häufig, ohne es zu merken. Tückisch ist, dass die Grenze zwischen harmlosen und lebensbedrohlichen Störungen fließend ist. Herzrhythmusstörungen sind ein häufiges Phänomen. Bei Herzrhythmusstörungen schlägt das Herz deutlich schneller, langsamer oder stolpert aus dem Takt. Die häufigste Herzrhythmusstörung und zugleich eine ernstzunehmende Krankheit ist das sogenannte Vorhofflimmern. Etwa eine halbe Million Menschen leiden daran.
Was genau passiert beim Vorhofflimmern?
Prof. Hailer: Beim Vorhofflimmern fällt der eigentliche Taktgeber des Herzens, der sogen Sinusknoten aus, in den Vorkammern entsteht ein elektrisches Chaos, das sog. Vorhofflimmern. Dadurch wird der Herzschlag unregelmäßig und meist schnell mit mehr als 100 Schlägen in der Minute. Die Flussgeschwindigkeit des Blutes verlangsamt sich durch dieses Flimmern in den Vorhöfen. Dadurch kann das Blut leichter gerinnen, Blutgerinnsel können in den Blutkreislauf gelangen. Patienten mit Vorhofflimmern haben deshalb ein bis zu fünffach erhöhtes Schlaganfallrisiko.
Was tun Sie, wenn Patienten mit Herzrhythmusstörungen zu Ihnen kommen?
Prof. Hailer: Es ist zunächst wichtig, die Art der Herzrhythmusstörungen zu diagnostizieren. Im weiteren Verlauf gilt es, die Ursache abzuklären. Sind alle erforderlichen Untersuchungen abgeschlossen, kann eine Therapie mit Medikamenten und eine regelmäßige Beobachtung notwendig werden. Die Überwachung von Herzrhythmusstörungen erfolgt mit Hilfe eines Elektrokardiogramms. Bisher war das auf zwei Arten möglich: Vor Ort beim Arzt oder über ein tragbares Langzeit-EKG, an das der Patient für 24 Stunden bis zu 7 Tagen angeschlossen wurde. Mit einem neuen Gerät, dem sogenannten kleinsten EKG der Welt, können wir die Herzströme der Patienten nun bis zu drei Jahre überwachen. Das Gerät ist so klein wie drei Streichhölzer und wird unter die Haut „Injiziert“, ein Eingriff, der etwa 1 Minute dauert.
Wie funktioniert dieses kleinste EKG der Welt?
Prof. Hailer: Über ein Gerät im Schlafzimmer des Patienten werden die Daten, die das EKG über den Tag speichert, einmal in 24 Stunden an den behandelnden Arzt gesendet. So werden wir automatisch benachrichtigt, wenn beim Patienten bedeutsame Herzereignisse auftreten.
Gibt es Tätigkeiten, die Betroffene mit Herzrhythmusstörungen vermeiden sollten?
Prof. Hailer: Anstrengende Tätigkeiten wie Einkaufen oder Sport können sich gerade bei eisigen Temperaturen noch stärker auf das Herz auswirken. Das Wichtigste ist, sich gerade jetzt in der Kälte körperlich nicht zu stark zu belasten. Schneeschippen und Eiskratzen sollte man lieber behutsam und ohne Eile. Gegen einen Spaziergang ist dagegen nichts einzuwenden.
Quelle: Katholisches Klinikum Essen, PM
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